1.2.25 Umgang mit Sterbenden Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten 17 x aufgerufen Autoren PDF-Version der VAHerunterladen 1 Zweck und Ziel Das Vorgehen bei Sterbefällen im Krankenhaus muss unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen, der hohen emotionalen Belastung der Angehörigen und Mitarbeiter des Krankenhauses und unter Kenntnis der religiösen Vorstellungen des Patienten geregelt sein. Der Umgang mit Fehl- oder Totgeburten soll in die Regelung aufgenommen werden. 2 Anwendungsbereich Umgang mit Sterbenden und ihren Angehörigen. Umgang mit den Eltern bei Fehl- und Totgeburt 3 Beschreibung 3.1 Allgemeines Der Umgang mit Sterbenden ist würdig und respektvoll zu gestalten. Im Vordergrund steht, das ehrende Gedenken zu bewahren, besonders, wenn die konkreten Umstände dieses gefährden. Willensbestimmungen zum Ende des Lebens durch den Sterbenden sollen so weit vertretbar respektiert werden. Dabei hat die Weltan-schauung besonderes Gewicht. Wenn irgendwie möglich soll das Be-handlungsteam sich darüber informieren. 3.2 Ärztliche Pflichten Der Arzt ist verpflichtet, Sterbenden so zu helfen, dass sie menschen-würdig sterben können. Die Grundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung müssen beachtet werden: palliativmedizinischer Versorgung in Beistand und Sorge für die Basis-betreuung Maßnahmen, die den Todeseintritt nur verzögern, sollen unterlassen oder beendet werden. Bei Sterbenden steht die Linderung des Leidens im Vordergrund. Die Unterrichtung des Sterbenden über seinen Zustand und mögliche Maßnahmen muss wahrheitsgemäß sein. Patientenverfügungen und andere Willensbekundungen zur medizini-schen und pflegerischen Behandlung und Betreuung müssen beachtet werden. 3.3 Religiöse Riten In Zusammenarbeit mit Vertretern der Religionsgemeinschaften sollen die spezifischen Riten identifiziert werden. Die Beachtung soll durch geeignete Umgebungsbedingungen ermöglicht werden. Voraussetzung ist hier, dass die an der Betreuung beteiligten Personen damit vertraut sind. Bei christlichen Patienten soll auf Wunsch des Sterbenden ein/e Geistliche/r gerufen werden. Angehörige oder Teammitglieder können Gebete sprechen. Das Vorgehen soll durch die Krankenhausseelsorger betreut werden.In der römisch-katholischen Kirche, den altkatholischen und den orthodoxen Kirchen gilt die Krankensalbung (früher „letzte Ölung“ genannt) als Sakrament. Der Wunsch nach einem Priester, der diese voll-zieht, muss sehr ernst genommen werden. Zeitlicher Verzug muss unter allen Umständen unterbleiben. Das gilt besonders in unmittelbarer Todesgefahr, in der das eigentliche Sterbesakrament als Heilige Kommunion mit Empfang der Hostie gefeiert wird, die die Seele beim Über-tritt ins ewige Leben stärken soll.Bei Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas sollen Erwägungen zur Entnahme von Organen unterbleiben, da die Gläubigen dies strikt ablehnen. Bei Juden sollen die Angehörigen und auf Wunsch ein Geistlicher rechtzeitig informiert werden. Wenn Sterbende darum bitten, sollte eine Thora geholt werden, Jüdinnen und Juden geben niemals die Hoffnung auf Gesundung auf. Jeder Mensch soll so lang wie möglich leben und damit Gott dienen. Lebensverkürzende Maßnahmen werden häufig strikt abgelehnt. Nachdem der Tod eingetreten ist, wird nach acht Minuten eine Daunenfeder auf Nase und Mund gelegt. Der Sohn oder der nächste männliche Angehörige verschließt die Augen und den Mund. Der Leichnam etwa eine halbe Stunde allein gelassen. Orthodoxe Juden beauftragen die Chewra Kadischah („heilige Gemeinschaft“) mit der weiteren Versorgung des Leichnams. Die Hände der Verstorbenen werden entlang des Rumpfes ausgestreckt. Der Körper wird gewaschen, mit einem weißen Hemd gekleidet, mit einem weißen Tuch bedeckt und so aufgestellt, dass er in Richtung der Tür zeigt. In Kopfhöhe wird eine Kerze angezündet. Moslems wünschen oft, im Sterben mit ihrem Angesicht gen Mekka gewandt zu liegen. Der Sterbende erhebt einen Finger zum Himmel. Fehlt die Kraft, hilft gegebenenfalls eine Pflegekraft. Dabei wird das Glaubensbekenntnis gesprochen. Dem Sterbenden soll etwas zum Trinken angeboten werden, denn ein Moslem darf nicht durstig sterben.Anhänger des Hinduismus und des Buddhismus wünsche eine stille Umgebung sorgen. Der Buddhist meditiert im Sterben, das für ihn ein Weg zu neuem Leben ist. Einem buddhistischen Priester oder Freund soll die Möglichkeit der Totenwache gegeben werden. 3.4 Umgang mit Fehl- und Totgeburt Nach einer Fehl- oder Totgeburt muss der geäußerte oder mutmaßliche Wille der Gebärenden bekannt sein. Mit der Patientin soll emphatisch über den weiteren Ablauf gesprochen und das Gewicht des Ereignisses durch Begrüßen und Abschiednehmens vom Kind angenommen werden. Immer soll an eine Nottaufe gedacht werden. Die Krankenhausseelsorge soll darüber verständigt werden. Gespräche mit einer/m Seelsorger/in soll angeregt werden.Eine Strategie zur Übermittlung der Todesnachricht muss gefasst werden. Der Partner oder eine andere Vertrauensperson soll auf Wunsch bei der betroffenen Frau sein können. Auf räumliche Trennung von der geburtshilflichen Station sollte geachtet werden. Älteren Kindern sollte ein Name gegeben und ein Namensbändchen am Handgelenk angebracht werden. Das Kind sollte gebadet, gereinigt, in ein Tuch gewickelt, eventuell angezogen werden. Erst in diesem Zustand sollte es der Mutter/den Eltern gezeigt und gegeben werden. Auch sollten Erinnerungsobjekte geschaffen und den Eltern zum Beispiel eine Karte mit Foto und Fußabdruck des Kindes ausgehändigt werden. Stets sollte man von einem Kind und einer Geburt sprechen. 3.5 Umgang mit Gestorbenen Weitere rituelle Anforderungen sind nach dem Tod einzuhalten. Hin-weise dazu sind in der VA 1.2.26 Umgang mit Verstorbenen zu finden. 4 Dokumentation Entscheidung zum Abbruch aktiver Behandlung und Übergang zur palliativen Betreuung Information von Angehörigen Benachrichtigung Seelsorge Patienteninformation, Gespräch zu Willensbekundungen Todeszeitpunkt 5 Ressourcen 5.1 Raum Sterbende sollen allein in einem Zimmer liegen, das genügend Platz für Angehörige bietet. Der Raum sollte für rituelle Handlungen geeignet sein. Meist wird eine Abdunklung gewünscht. Über die Verwendung von brennenden Kerzen muss entschieden werden. Bad oder Verbandszimmer sind keine würdigen Orte. Eine Verlegung in ein Hospiz oder auf eine Palliativstation soll erwogen werden. 5.2 Personal Die Seelsorge des Hauses sollte verständigt werden, wenn Patienten den Wunsch dazu äußern. Ein Mitglied des Teams wird bestimmt, das für die enge Betreuung freigestellt ist. Die Betreuung soll empathisch, aber zurückhaltend sein. Eine angemessene Vorbereitung und Einweisung in die Aufgabe soll vorausgehen. 5.3 Zeitbedarf Die Betreuung ist nicht vollständig gebunden. Sie sollte bei Bedarf aber kurzfristig abgerufen werden können. Sterbebegleitung kann einige Stunden und sogar Tage notwendig sein. 6 Zuständigkeiten Seelsorger für rituelle Handlungen und empathischen Beistand Ärztliche Versorgung Pflege für Sicherung der räumlichen Voraussetzungen, Begleitung der Angehörigen, Aufrechterhaltung der Pflege. Medizinische Behandlung endet angesichts des Todes – Pflege endet nie. 7 Hinweise und Anmerkungen 8 Mitgeltende Unterlagen 8.1 Literatur, Vorschriften Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebeglei-tung:2011 (Deutsches Ärzteblatt | Jg. 108 | Heft 7 | 18. Februar 2011) http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/Sterbebegleitung_17022011.pdf 8.2 Begriffe Sterbende Kranke oder Verletzte mit irreversiblem Versagen einer oder mehrerer vitaler Funktionen, bei denen der Eintritt des Todes in kurzer Zeit zu erwarten ist. [BÄK Grundsätze 2011] Anlagen Keine Anlagen 1.2 Patientenorientierung -Vorhergehend 1.2.24 Anwendung unmittelbaren Zwangs Weiter -1.2 Patientenorientierung 1.2.26 Umgang mit Verstorbenen