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GUTE HOSPITALPRAXIS

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GHP integriert Aufbau- und Ablaufelemente der Organisation, die Berufsgruppen, die Fachdisziplinen und die Dienste, die das Krankenhaus zur Erfüllung seiner Aufgabe heranzieht.

1.2.21 Körperliche Fixierung

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten 14 x aufgerufen Autoren

Ziel und Zweck

Die körperliche Fixierung von Patienten ist im krankenhaus nicht unvermeidbar. Dazu gehören alle Maßnahmen, die den Patienten in der Bewegungsfreiheit einschränken wie:

  • Anlegen von Gurtsystemen mit Magnetverschluss
  • Hochstellen von Bettgitter
  • Verschließen; des Zimmers, der Station ,der Ausgänge der Einrichtung
  • Entfernen von Gehhilfen und Rollstuhl
  • Feste Tischplatte am Stuhl

Um die Mitarbeiter des Krankenhauses gegen den Vorwurf von Freiheitsberaubung, Nötigung, Körperverletzung, fahrlässiger Tötung oder Totschlags.zu schützen und um ihnen die nötige Sicherheit bei Ausführung ihres Auftrages zu geben, werden die folgenden Regeln dargestellt und erläutert.

Anwendungsbereich

Gilt für alle Abteilungen des Krankenhauses

Die Fixierung kommt nur zur Anwendung:

  • wenn der Patient oder sein gesetzlicher Vertreter nach Aufklärung zugestimmt hat
  • die Fixierung von dem zuständigen Amtsgericht- oder Strafgericht angeordnet wurde
  • bei Gefahr für Leib oder Leben

Einschlusskriterien/ Indikation

  • Die Fixierung ist indiziert bei mot. Unruhe, Verwirrtheitszuständen mit mot. Unruhe und zum Schutz des Patienten bei liegenden Sonden, Katheter und Tubi, wenn eine andere Maßnahme, die den Patienten weniger belastet, nicht möglich ist.
  • Weiter kommt die Fixierung in Betracht, wenn Leib oder Leben der Beschäftigten, Patienten. Besucher u.a. oder des zu fixierenden Patienten selbst in Gefahr sind und eine andere Maßnahme, die den Patienten weniger belastet, nicht möglich ist.

Ausschlusskriterien /Kontraindikation

Beschreibung des Ablaufes

Anordnung eines behandelnden Arztes

Der behandelnde Arzt darf die Fixierung nur anordnen, wenn der Patient oder der gesetzliche Vertreter schriftlich zugestimmt haben oder das Amtsgericht oder ein Strafgericht die Fixierung des Patienten angeordnet hat.

Patienten dürfen vom Pflegepersonal grundsätzlich nur auf Anordnung des behandelnden Arztes fixiert werden.

Bei Patienten, die nach Psych KG in der geschlossenen Psychiatrie behandelt werden, gilt die ärztliche Anordnung durch die Einweisung als gegeben.

Der behandelnde Arzt muss den Patienten und/oder den gesetzlichen Vertreter über Art, Folgen und Notwendigkeit der Maßnahme aufklären und die Zustimmung zu dem Eingriff schriftlich einholen. Fehlt die Zustimmung muss der Arzt die Anordnung der Fixierung beim Amtsgericht am Wohnsitz des Patienten beantragen. Ist das Amtsgericht nicht zu erreichen, ist das Vormundschaftsgericht in Köln zuständigen (Anlage 1)

Telefon 477-0, Fax 477-1918

Willigt ein Betreuter in die Fixierung ein und ist die Fixierung dauerhaft (24 Std.) und regelmäßig (über sieben Tage) erforderlich, so ist ebenfalls ein weiterführender Gerichtsbeschluss notwendig.

Gefahr im Verzug

Bei Gefahr für Leib oder Leben von Personen oder des zu fixierenden Patienten selbst kann das ärztliche oder das Pflegepersonal einen Patienten sofort fixieren, wenn eine andere Maßnahme nicht in Frage kommt und die Fixierung nach Abwägung aller Umstände verhältnismäßig ist. Sobald die Gefahr für Leib oder Leben nicht mehr besteht, ist die Fixierung aufzuheben. Ist die Fixierung durch das Pflegepersonal erfolgt ist unverzüglich der behandelnde Arzt zu verständigen. Soll die Fixierung aufrecht erhalten werden, muss die Fixierung wie in 3.1 angeordnet werden.

Durchführung der Fixierung durch Fixiergurtsysteme

  • Beschaffung eines auf den Patienten abgestimmtes Fixierungssystems (Materialliste siehe Anhang)
  • Patient wird gebeten evtl. beengende Kleidung auszuziehen; ggf. wird dies von Pflegemitarbeitern übernommen
  • Gefahrenbereitende Gegenstände wie Feuerzeug, Tücher, Gürtel, etc. werden entfernt, Schmuck, Brillen, Prothesen, Uhren werden vom Patienten abgelegt; ggf. von der Pflegekraft übernommen.
  • Die persönlichen Sachen werden von der Pflegekraft eingeschlossen.
  • Die Patienten sollen nah am Stationszimmer untergebracht sein damit häufiger Sichtkontakt bei kurzen Wegen möglich ist.
  • Der zuständige Arzt informiert Angehörige/Vertrauenspersone/Betreuer über die Maßnahme. In Ausnahmefällen kann diese Aufgabe an eine Pflegekraft delegiert werden.
  • Beim Anlegen von Gurten (Segufix) die Herstellerhinweis beachten (siehe Anhang)
  • Höhenverstellbare Betten sind möglichst tief zu stellen
  • Entriegelungsmagnet wird im Patientenzimmer in Reichweite gehalten
  • Dokumentation der Maßnahme durch den Arzt und die Pflegekraft
  • Patient wird die Möglichkeit gegeben über die Maßnahme zu sprechen

Monitoring

  • Patient kann die Klingelanlage jederzeit bedienen um sich von der Pflegekraft befreien zu lassen. (Widerruf der Einwilligung ist somit jederzeit möglich)
  • Hautzustand + Fixiergurte werden entsprechend dem Zustand des Patienten durch die Pflegepersonal überprüft (Sitz, Gegenzug usw.), spätesten jedoch alle 2 Stunden.
  • Ärztliche Visite 3x täglich, mindestens alle 10 Stunden
  • Das Pflegepersonal informiert den zuständigen Arzt bei Veränderungen des Patientenzustandes
  • Das Pflegepersonal informiert den zuständigen Arzt sofort über die Möglichkeit der Beendigung der Fixierung
  • Der Arzt ordnet die Beendigung der Fixierung an
  • Besonderheit in der Psychiatrie: Bei Fixierungen ist eine ständige Beobachtung sicherzustellen.

Dokumentation

Aufklärung und Einwilligungserklärung

Der behandelnde Arzt hat den Patienten bzw. den Betreuer entsprechend der VA „Aufklärung und Einwilligung vor ärztlichen Eingriffen“ aufzuklären. Das Aufklärungsprotokoll und die vom Patienten oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnete Einwilligungserklärung ist der Krankenakte beizufügen. Die Einwilligung kann jederzeit zurückgezogen werden.

Inhalt der Ärztliche Dokumentation

  • Der behandelnde Arzt hat den Antrag auf Entscheidung des Amtsgerichts zur Anordnung der Fixierung (Anlage 1) beim zuständigen Amtsgericht einzureichen. Ein Exemplar ist der Krankenakte beizufügen.
  • Die Anordnung des Gerichtes ist ebenfalls zur Krankenakte zu nehmen.
  • Die ärztliche Anordnung hat schriftlich zu erfolgen (Anlage 2) und folgenden Inhalt:
  • Zustimmung/Anordnung
  • Grund der Fixierung
  • Art der Fixierung
  • Beginn und Ende der Fixierung
  • Name des anordnenden Arztes und des an der Fixierung beteiligten Pflegepersonals
  • Art und Häufigkeit der Überwachungsmaßnahme
  • Art und Häufigkeit von begleitenden Pflegehandlungen
  • Die Ärztliche Anordnung ist als loses Blatt der Fieberkurve des Patienten beizufügen. In der Fieberkurve wird durch das Wort „Fixierung“ auf die Anordnung verwiesen.
  • Die Anordnung muss vom zuständigen Arzt regelmäßig erneuert werden. Nach der Entlassung des Patienten verbleibt der Pflegebericht in der Krankengeschichte.

Inhalte der pflegerischen Dokumentation

  • Durchführung der Pflegemaßnahmen
  • Krankenbeobachtung (Probleme/Ressourcen)
  • Informationen an den Arzt
  • Kontrollen der Fixierung
  • Durchführung der ärztlichen Anordnungen
  • Besonderheiten

Bericht bei Fixierung zur Gefahrenabwehr

Über die Fixierung bei Gefahrenabwehr ist ein Bericht zu verfassen, aus dem sich die Gefährdungslage, die bedrohten Personen mit Angabe von Name und Anschrift, die getroffene Maßnahme und die Zeugen mit Namen und Anschrift ergeben.

Ressourcen

Material

  • Gurtsysteme mit Magnetverschluss/Klettverschluß
  • Bettgitter
  • Für den Patienten nicht entriegel- oder entfernbare Tische z.B. an Rollstühlen und Pflegestühlen

Zeitbedarf

  • Bürokratischer Aufwand ca. 30 Min.
  • Medizinische und pflegerische Betreuung in schwierigen Fällen bis zu 24 Stunden

Zuständigkeit, Qualifikation

OrganisationseinheitZuständigkeit
Ärztliches PersonalFeststellung der Indikation und Voraussetzungen der Fixierung
Aufklärung, Einholen der Einwilligung
Anordnung
Angabe des Zeitpunktes zur Überprüfung der Anordnung
Anordnung der Beobachtungsparameter und die Beobachtungsfrequenzen während der Fixierung
Weitergabe von Information an das Amtsgericht und Einhohlen des richterlichen Beschlusses
PflegepersonalAnlegen der Fixierung
Verantwortung für die sachgerechte Durchführung der Fixierung
Verantwortung für die Ausführung der ärztlichen Anordnungen

Hinweise und Anmerkungen

  • Jede Art der Fixierung (auch wenn sie nur vorübergehend ist) stellt zunächst eine Freiheitsberaubung und Körperverletzung dar, die strafrechtlich geahndet werden kann.
  • Keine Freiheitsberaubung liegt vor, wenn Personen objektiv die Bewegungsfähigkeit fehlt (Bewusstlose, Säuglinge).
  • Sie ist nur zulässig, wenn sie nach Abwägung aller Umstände und Alternativen verhältnismäßig ist und den unbedingt notwendigen Zeitraum nicht überschreitet.
  • Ein richtiger und korrekter Einsatz der Fixierungsmittel unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Wahrung der Menschenwürde sind Ziel bei jeder notwendig gewordenen Fixierung.
  • Eine zusätzliche Gefährdung des Patienten durch den Einsatz von Fixierungssysteme wie z.B. Dekubitus, Strangulation muss vermieden wird.
  • Bei einer Fixierung des Patienten nur mit Bauch-Gurt ist das Anbringen von durchgehende Seitenhalterung am Bett erforderlich. (Strangulationsgefahr)

Mitgeltende Unterlagen

Literatur, Rechtsvorschriften

1. Myonghwa Park und Jane Hsiao-Chen Tang, “Changing the practice of physical restraint use in acute care,” Journal of Gerontological Nursing 33, no. 2 (Februar 2007): 9-16.

Grundgesetz: Artikel 2 GG – Freiheit der Person; Artikel 104 GG – Rechtsgarantien bei Freiheitsentzug

Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Länder-Regelungen) § 20 Besondere Sicherungsmaßnahmen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 1906 Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes bei der Unterbringung

Strafgesetzbuch

§ 32 StGB Notwehr

§ 34 StGB Rechtfertigender Notstand

§ 225 Mißhandlung von Schutzbefohlenen, § 228 Einwilligung, § 239 Freiheitsberaubung, § 240 Nötigung

Begriffe Einwilligungsfähigkeit ist:

wer die Gefahren des Eingriffes gegenüber dem Nutzen abwägen kann.

man ab einem Alter von 14 Jahren. Von da an, bis zum 18. Jahren, ist die Einwilligungsfähigkeit zu prüfen.

Gesetzliche Vertreter sind

  • Eltern bei Minderjährigen
  • Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Aufenthaltbestimmung oder Unterbringungsmaßnahmen
  • Bevollmächtigte, mit einer schriftlich Vollmacht in der die Unterbringung- und Unterbringungsähnlichen-Maßnahmen ausdrücklich genannt sind.

Anlagen


Protokoll einer Fixierung
Fixierungsmaterial

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1.2.21 Körperliche Fixierung

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