Kommentar

GUTE HOSPITALPRAXIS

GUTE HOSPITALPRAXIS

Wussten Sie?

Das QM-Handbuch für das ganze Krankenhaus

1.3.22 Mitarbeiterbefragungen

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten 17 x aufgerufen Autoren

Ziel und Zweck

Bei Unsicherheit über die Einschätzung des Krankenhauses oder wenn Veränderungen in der Einstellung der Mitarbeiter gegenüber dem Krankenhaus befürchtet werden, können Mitarbeiterbefragungen dazu beitragen, bisher Unbekanntes aufzudecken. Jedoch ist zu beachten, dass der Aussagewert oft deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Fußangeln und statistischen Grenzen von Befragungen sollen beachtet werden. Die Kosten solcher Befragungen sind beachtlich und sollten in Beziehung zu dem Erkenntnisgewinn gesetzt werden.

Anforderungen der Mitarbeiter an Arbeitsbedingungen und Probleme beim Arbeitsschutz sollen regelmäßig abgefragt werden.

Die Ergebnisse sollen angemessen kommuniziert werden.

Befragungen automatisieren! Schnell, einfach, aktuell: von Electric Paper

Problemstellung

Information der Leitung über die Erwartungen, Bedürfnisse, Meinung und Befindlichkeit der MitarbeiterInnen im Krankenhaus. Äußerungen der MitarbeiterInnen gegenüber der Leitung zu allgemeinen Problemen und Wahrnehmungen im Krankenhaus. Aufdeckung von Defiziten im Management des Krankenhauses, die zu Störungen der Motivation und des Engagements der MitarbeiterInnen führen können. Prüfmethode, ob QM-Maßnahmen die gewünschte Wirkung gehabt haben.

Mitarbeiterbefragungen können bezogen auf Berufsgruppen, auf Abteilungen oder auf alle MitarbeiterInnen des Krankenhauses oder eines Verbundes durchgeführt werden. Mitarbeiterbefragungen können nicht das offene Gespräch und die aufmerksame Beobachtung der Stimmungslage im Krankenhaus ersetzen. Mitarbeiterbefragungen können angelegt sein als heuristische Untersuchung (also zum Aufspüren einzelner, eventuell auch zufälliger Befunde) oder als systematische Studien, deren Aussage auf einer statistischen Auswertung beruht.

Die heuristischen Befunde müssen sorgfältig abgewogen werden. Man muss sich immer klar darüber sein, dass diese keineswegs repräsentativ sein müssen. Bei systematischen Studien müssen die methodischen Regeln einer empirischen Untersuchung beachtet werden, da die Aussagen sonst wertlos sind. Soll durch die Befragung die Wirksamkeit von QM-Maßnahmen im Vorher/Nachher-Vergleich gemessen werden, muss durch die statistische Auswertung der Vertrauensbereich der Aussagen abschätzbar bleiben.

Ergebnis

Valide Aussagen zu den Fragestellungen, die Anlass zur einer Mitarbeiterbefragung gegeben haben.

Lösung

Befragungsziel

Zunächst ist festzulegen, welches Befragungsziel durch die Befragung der MitarbeiterInnen erreicht werden soll. Soll die Einstellung der MitarbeiterInnen zu ihrer Arbeit und den Arbeitsbedingungen (Arbeitszufriedenheit) untersucht werden? Sollen die Leitungsebenen von den MitarbeiterInnen bewertet werden? Soll die Mitarbeiterbindung an das Krankenhaus ermittelt werden? Will man die allgemeine Befindlichkeit erforschen (Betriebsklima)? Soll der Informationsgrad der MitarbeiterInnen zu bestimmten Punkten ermittelt werden (Wirksamkeit der Informationsstrategien)?

Fragebogen

Die Fragen sollen so formuliert werden, dass sie das zu untersuchende Merkmal direkt erfragen. Bei komplexeren Merkmalen, wie der Zufriedenheit, ist das nicht möglich. Dann müssen mehrere Fragen so gestellt werden, dass das allgemeinere Merkmal weitgehend abgedeckt ist. Beispiele für Fragen:

  • Einzelmerkmal „Dauer der Zusammenarbeit“: Wie lange arbeiten Sie in unserem Krankenhaus?
  • Komplexes Merkmal „Bindung an das Krankenhaus (affektives Commitment)“, bewertet aus:
  • Gehen Sie gern zur Arbeit?
  • Haben Sie Spaß an Ihrer Arbeit?
  • Sind Sie froh, wenn Sie Feierabend haben?
  • Fühlen Sie sich manchmal ungerecht behandelt?
  • Haben Sie schon mal daran gedacht, den Arbeitsplatz zu wechseln, sich in einer anderen Stadt oder einer anderen Branche umzusehen? usw.

Die Fragen sollen so formuliert sein, dass sie vom Befragten auch beantwortet werden können. Sinnlos sind Fragen wie „Halten Sie die Leitung für …“, die mit einer Mutmaßung oder der vermeintlichen Ansicht Anderer beantwortet wird, da die eigene Erfahrung meist fehlt. Die innere Schlüssigkeit des Fragebogens muss sorgfältig getestet werden. Von Eigenschöpfungen raten wir deswegen dringlich ab. Immer sollte sich der Auftraggeber einen kompetenten Untersucher (Referenzen?) auswählen und sich dessen Erfahrung bei der Erstellung des Fragebogens zunutze machen. Das gilt besonders für Fragen nach allgemeinen Merkmalen, wie der Zufriedenheit am Arbeitsplatz, dem Grad der Kommunikation der Berufsgruppen untereinander, dem Engagement für Qualitätsverbesserungen oder der Bereitschaft, Probleme zu identifizieren und Lösungen vorzuschlagen. Die möglichen Antworten auf die Fragen sind sorgfältig zu überlegen. Man kann aus mehreren Möglichkeiten wählen, die alle ihre Vor- und Nachteile haben:

  • Dichotome Fragen: „Ja/Nein“ oder „Stimme zu – Stimme nicht zu“
  • Fragen, die anhand einer Skala zu beantworten sind:
  • mit 3 Punkten (gut – mittel – schlecht), mit 5 Punkten (sehr gut – gut – befriedend – mangelhaft – sehr schlecht)
  • Skalen ohne Mittelwert mit 4 oder 6 Punkten, um eine Tendenz zur Mitte zu unterdrücken. Die Notwendigkeit ist im Einzelfall abzuwägen.
  • Offene, nicht skalierte Bewertung: „Setzen Sie irgendwo zwischen dem Punkt „Sehr gut“ am linken und dem Punkt „Sehr schlecht“ am rechten Ende der Skala einen Strich!“
  • Gern werden statt Worten oder Ziffern Symbole J K L verwendet.

Fragen zum sozialen Hintergrund sollen auf Merkmale beschränkt bleiben, die für die Aussage einen Sinn ergeben. Die Abfrage von Alter, Geschlecht, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Funktion erlaubt meist die Identifizierung des Antwortenden und schränkt dessen Unbefangenheit stark ein. Immer sollten Möglichkeiten enthalten sein, wie “Kann oder will ich nicht beantworten/beurteilen“, „Andere Antwort“ und mit genügend Platz für Freitext die Aufforderung für Kommentare oder Bemerkungen. Die graphische Gestaltung des Fragebogens soll zum Ausfüllen einladen und wenn wirtschaftlich vertretbar gedruckt werden.

Umfang der Befragung

Zu klären ist, ob die Befragung als Totalerhebung oder Stichprobe durchgeführt werden soll. Wenn eine Stichprobe gezogen wird, ist zu klären, wie diese gezogen werden soll, wie das Zufallsprinzip sichergestellt ist, welcher Rücklauf erwartet wird, ob dieser ausreichend ist, wie mit leeren oder offensichtlich nicht ernsthaft ausgefüllten Bögen umzugehen ist und wo die Grenzen für die Verwendung der Aussagen gezogen werden.

Ankündigung der Befragung

In den meisten Krankenhäusern dürfen Befragungen nur nach Zustimmung bzw. Information der Personalvertretung durchgeführt werden. Immer sollte die Befragung breit und frühzeitig angekündigt werden: Plakate aufhängen, Ankündigung in Mitarbeiterversammlung, Rundschreiben mit weitem Adressatenkreis. Der Fragebogen soll mit einem Anschreiben der Leitung verschickt werden, in dem Ziele, Methode und Bedingungen der Befragung erläutert werden.

Vertraulichkeit

Die Vertraulichkeit der Befragung muss den Mitarbeitern glaubhaft versichert werden. Persönliche Interviews sollten von Personen geführt werden, die nicht zur Einrichtung gehören und zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Der Auftraggeber muss die verschwiegenheit unter allen Umständen respektieren. Ausgeschlossen sind lediglich Angaben zu Straftatbeständen.

Rückgabe der Fragebögen

Zu klären ist, wie und in welchem Zeitraum die Fragebögen zur Auswertung gelangen. Am besten wird mit dem Fragebogen ein adressierter Rückumschlag abgegeben, der den ausgefüllte Bogen aufnimmt. Der Umschlag kann in eine Sammelbox oder in den (hausinternen) Postversand gegeben werden. Empfohlen wird, die Rücksendung an eine Anschrift außerhalb des Betriebes gehen zu lassen.

Ergebnisse der Befragung

Die Ergebnisse der Befragung sollen zumindest mit Vertretern der Befragten diskutiert und den Befragten bekannt gegeben werden. Aus den Ergebnissen soll die Leitung Schlussfolgerungen für ihr Vorgehen ziehen, die den Mitarbeitern bekannt gegeben werden sollen. Nur so ist zu verhindern, dass die Mitarbeiter Befragungen als Scheinaktivität oder irrelevant erfahren und die Teilnahme verweigern.

Dokumentation

Die Daten sind so aufzubereiten, dass ohne Suggestion bestimmter Schlussfolgerungen das Wesentliche auch für diejenigen erkennbar ist, die den Umgang mit Zahlen und Balkendiagrammen nicht gewohnt sind. Verteiler des Berichtes?

Zeitbedarf

Fragebogenerstellung mit Druck: ca. 6 Wochen Aussendung der Fragebögen bis Berichterstattung: ca. 6 Monate

Zuständigkeiten

Fragebogen vorschlagen, erarbeiten, drucken, versendenBeauftragte Stelle
KoordinationQM-Koordinator
Information, AbstimmungMitarbeitervertretung
Fragebögen einsammeln, Dateneingabe, AuswertungBeauftragte Stelle
Kenntnisnahme, SchlussfolgerungenLeitung

Hinweise und Anmerkungen

Mitarbeiterbefragungen wird in letzter Zeit hohe Bedeutung zugemessen. Ob damit die Zufriedenheit zuverlässig erfasst werden kann, muss noch offen bleiben.

Mitgeltende Unterlagen

Ggf. Personalvertretungsgesetz, Betriebsverfassungsgesetz, Betriebsvereinbarungen

QM-RL G-BA:2015 §2 Satz11 und § 4 Satz 4, 10. Hervorhebung

Anlagen

Einen Kommentar hinterlassen

Dieses Dokument teilen

1.3.22 Mitarbeiterbefragungen

Oder Link kopieren

INHALT

Abonnieren

×
Abbrechen